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#bibelthema
15.3.2022
12 min
Ermüdungsversagen und Betriebsfestigkeit
William Kaal
Bildunterschrift: Text hier

In der Entwicklung von Maschinen und Fahrzeugen kommt der Festigkeitsprüfung von Werkstoffen und Bauteilen eine große Bedeutung zu. Dabei wird zwischen der statischen Festigkeit und der Betriebsfestigkeit unterschieden. Die statische Festigkeit gibt die Belastung an, die ein Werkstoff maximal ertragen kann, bevor er versagt. Dieser Wert ist aber in der Praxis allein nicht ausschlaggebend, denn er sagt nichts darüber aus, wie oft eine gewisse Belastung ertragen wird. Bei den meisten Materialien kann es nämlich schon bei vergleichsweise geringen aber oft wiederholten Belastungen zum sogenannten Ermüdungsversagen kommen. Deswegen beschäftigt sich die Betriebsfestigkeit mit der Frage, wie viele Belastungszyklen ein Bauteil ertragen kann und ob es alle im Betrieb auftretenden kleinen und großen Belastungen schadensfrei überlebt. Dazu sind oft aufwändige und langwierige Tests notwendig. Die Hersteller von Motoren beispielsweise wollen wissen, ob eine neu entwickelte Kurbelwelle die ca. 2 Milliarden Lastzyklen ertragen wird, die ihr während der Lebensdauer eines Pkw zugemutet werden. In speziellen Prüfständen werden Bauteile daher unzähligen Belastungssituation ausgesetzt und so auf ihre Betriebsfestigkeit hin untersucht. Erst nach erfolgreich bestandener Prüfung wird das Bauteil zum Einsatz freigegeben, da es sich als betriebsfest erwiesen hat. Ein ausführlicher Prüfbericht dokumentiert die Prüfungsergebnisse und garantiert die Einsatztauglichkeit des Produkts.

Biblische Betriebsfestigkeit

Die Bibel erwartet von uns auch eine gewisse Betriebsfestigkeit. Unser Leben besteht aus immer wiederkehrenden Zyklen. Das hat Gott so eingerichtet: „alle Tage der Erde sollen nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht“ (1.Mo 8,22). Auch Belastungssituationen treten oft wiederholt auf: Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Da gibt es den täglichen Kampf um die Stille vor Gott, die wöchentliche Herausforderung, einen ungeliebten Bruder oder Schwester in der Gemeinde zu ertragen, die jährliche Möglichkeit, ein liebevolles Geburtstagsgeschenk zu machen usw. Sich in immer wiederkehrenden Bewährungsproben richtig zu verhalten kennzeichnet „geistliche Betriebsfestigkeit“.

Paulus schreibt im 2.Korintherbrief bei der Auswahl eines zuverlässigen Mitarbeiters für die verantwortungsvolle Aufgabe eines Geldtransfers von einem bestandenen Betriebsfestigkeitstest: „Wir haben aber unseren Bruder mit ihnen gesandt, den wir oft in vielen Stücken erprobt haben, dass er eifrig ist“ (2.Kor 8). Offensichtlich hat Paulus besonders Wert darauf gelegt, dass die Person sich nicht nur einmal, sondern wiederholt als eifrig und treu erwiesen hat.

Ein ausführlicher Prüfbericht

Als Paulus einmal selbst seine Autorität als Apostel und Diener Christi verteidigen muss, legt er den Korinthern einen ausführlichen Prüfbericht seiner eigenen Betriebsfestigkeit vor: „In Mühen überreichlicher, in Gefängnissen überreichlicher, in Schlägen übermäßig, in Todesgefahren oft. Von den Juden habe ich fünfmal empfangen vierzig Schläge weniger einen. Dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht habe ich in der Tiefe zugebracht;  oft auf Reis en, in Gefahren durch Flüsse, in Gefahren durch Räuber, in Gefahren von meinem Volk, in Gefahren von den Nationen, in Gefahren in der Stadt, in Gefahren in der Wüste, in Gefahren auf dem Meer, in Gefahren unter falschen Brüdern; in Mühe und Beschwerde, in Wachen oft, in Hunger und Durst, in Fasten oft, in Kälte und Blöße;  außer dem, was außergewöhnlich ist, noch das, was täglich auf mich andringt: die Sorge um alle Versammlungen  (2.Kor 11).“ Was Paulus kennzeichnete, war seine Beständigkeit im Dienst und seine Standhaftigkeit selbst bei härtesten und immer wieder auftretenden Belastungen.

Betriebsfest … im Widerstand gegen Versuchungen

Simson ist ein treffendes Beispiel für Ermüdungsversagen. Eine Zeitlang hielt er dem Drängen Delilas Stand, ihr das Geheimnis seiner übernatürlichen Kraft zu verraten, aber irgendwann wurde er müde und knickte ein: Und es geschah, als sie Simson alle Tage mit ihren Worten drängte und ihn plagte, da wurde seine Seele sterbensmatt; und er tat ihr sein ganzes Herz kund“ (Ri 14). Joseph im Gegensatz dazu erwies sich als betriebsfest im Widerstand gegen Versuchungen, als er sich wiederholt weigerte, mit der Frau Potiphars Ehebruch zu begehen („…als sie Joseph Tag für Tag ansprach und er nicht auf sie hörte…“ (1.Mo 39)).

… im Festhalten an der Wahrheit

Bei Pilatus wird auch ein Fall von Ermüdungsversagen deutlich. Eigentlich war er von der Unschuld des Herrn Jesus überzeugt. Aber nach mehrmaligen Versuchen, die Volksmenge zu beruhigen, gab er dem Drängen der aufgepeitschten Masse nach und verurteilte Jesus zum Kreuzigungstod:  „Pilatus rief ihnen aber wieder zu, da er Jesus freilassen wollte. Sie aber schrien dagegen und sagten: Kreuzige, kreuzige ihn! Er aber sprach zum dritten Mal zu ihnen: Was hat dieser denn Böses getan? Ich habe keine Todesschuld an ihm gefunden. Ich will ihn nun züchtigen und freilassen. Sie aber bedrängten ihn mit großem Geschrei und forderten, dass er gekreuzigt würde. Und ihr und der Hohenpriester Geschrei nahm überhand. Und Pilatus urteilte, dass ihre Forderung geschehe. (Lk 23,20-24). Eine Zeitlang hielt Pilatus an der Wahrheit fest, aber irgendwann kapitulierte er vor den Schreien der Juden und warf die Wahrheit und seine juristische Integrität über Bord. Gaius dagegen wird von Johannes als jemand gerühmt, dessen „Festhalten an der Wahrheit“ vorbildlich gewesen ist (3.Joh 1,2).

… im Gebet

Die Jünger schliefen im Garten Gethsemane mehrmals ein, als der Herr sie ermahnte, mit ihm zu wachen und zu beten: „Und er kommt zu den Jüngern und findet sie schlafend ; und er spricht zu Petrus : also nicht eine Stunde vermochtet ihr mit mir zu wachen? Wachet und betet… Wiederum, zum zweiten Mal, ging er hin und betete… Und als er kam, fand er sie wiederum schlafend, denn ihre Augen waren beschwert. Und er ließ sie, ging wiederum hin, betete zum dritten Mal und sprach dasselbe Wort.“ (Mt 26,40-44)). Trotz sicherlich gut gemeinter Vorsätze wurden die Jünger müde im Gebet. Daniel dagegen war ein ausdauernder Beter. Dreimal täglich kniete er in seinem Zimmer nieder und hielt sogar an dieser Gewohnheit fest, als ein königlicher Erlass das Gebet verbot („und dreimal am Tag kniete er auf seine Knie und betete und lobpries vor seinem Gott, wie er vorher getan hatte“ (Dan 6,10)). Selbst unter verschärften Prüfbedingungen blieb Daniel im Gebet betriebsfest. Genauso fordert Paulus die Kolosser auf, im Gebet zu verharren und darin zu wachen (Kol 4,2).

… im Gutestun

Die Galater mussten ermahnt werden, „im Gutestun nicht müde zu werden“ (Gal 6,9, vgl. auch 2.Thess 3,13). Paulus ermahnt sie, „allen gegenüber das Gute zu wirken“ und stellt göttlichen Lohn für ihr Durchhaltevermögen in Aussicht („denn zur bestimmten Zeit werden wir ernten, wenn wir nicht ermatten“). Als vorbildliches Beispiel für einen betriebsfesten Gutestuer erwähnt Paulus Onesiphorus, der ihn „oft erquickt und sich seiner Ketten nicht geschämt hat“ (2.Tim 1,16). Während seiner Gefangenschaft in Rom besuchte er ihn nicht nur ein- oder zweimal, sondern oftmals, und auch in Ephesus erwies er sich als ein ausdauernder Diener.

… beim Ausdauerlauf

Die Hebräer zeigten ebenfalls Ermüdungserscheinungen. Der Autor des Hebräerbriefes ermutigt sie deswegen, auf Christus zu schauen, „den Anfänger und Vollender des Glaubens“, „damit ihr nicht ermüdet“ (Heb 12,4). Er appelliert an sie, „mit Ausharren den vor uns liegenden Wettlauf zu laufen“ (Heb 12,1). Ein Wettlauf in einem Stadion, und an einen solchen scheint der Schreiber hier zu denken, ist gerade durch das mehrmalige Durchlaufen der gleichen Strecke charakterisiert. Immer und immer wieder die gleiche Runde. Dabei nicht müde zu werden und das Ziel im Auge zu behalten, ist die große Herausforderung für einen Ausdauerläufer.

Als Motivationshilfe schreibt er daher im Kapitel davor von Glaubenshelden, die besonders durch ihre Ausdauer vorbildlich waren. Zum Beispiel von Henoch, der 365 Jahre mit Gott lebte, ehe er entrückt wurde (11,5). Oder von Noah, der jahrzehntelang an der Arche baute und als Prediger der Gerechtigkeit auf einsamem Posten stand (11,7). Oder von Moses Eltern, die ihren Schützling im Vertrauen auf Gott drei Monate vor dem Pharao verborgen hielten (11,23). Oder von dem Volk Israel, das im Glauben sieben Tage lang die Stadt Jericho umrundete, bis ihre Mauern fielen (11,30). Er wünscht sich, dass die Hebräer „nicht träge werden, sondern Nachahmer derer, die durch Glauben und Ausharren die Verheißungen erben“ (Heb 6,12).

… in der Anbetung und im Dienst für Gott

Die Eltern von Samuel sind ein eindrucksvolles Beispiel für langjährige Betriebsfestigkeit. Elkana ging „von Jahr zu Jahr aus seiner Stadt hinauf, um den Herrn der Heerscharen anzubeten und ihm zu opfern“ (1. Sam 1,3). Für Hanna erwies sich dieser Gottesdienst zur jährlichen Belastungsprobe, weil Peninna sie dabei wegen ihrer Kinderlosigkeit ärgerte und verletzte: „Und so wie er das Jahr für Jahr tat, also kränkte sie sie, so oft sie zum Hause des Herrn hinaufzog“ (1. Sam 1,7). Aber sie ertrug den Spott und schüttete ihr Herz vor Gott aus. Gott belohnte ihre Treue und schenkte ihr den Jungen Samuel als Gebetserhörung. Als dieser heranwuchs, nutzte sie den regelmäßigen Gang nach Silo für ein jährliches Geschenk: „Und seine Mutter machte ihm ein kleines Oberkleid und brachte es ihm von Jahr zu Jahr hinauf, wenn sie mit ihrem Manne hinaufging, um das jährliche Schlachtopfer zu opfern“ (1.Sam 2,19). Diese Beständigkeit seiner Eltern scheint Samuel geprägt zu haben. Denn bis ins hohe Alter ist sein Leben durch die treue Ausübung jährlich wiederkehrende Dienste geprägt: „Und er ging Jahr für Jahr und zog umher nach Bethel und Gilgal und Mizpa und richtete Israel an allen diesen Orten“ (1.Sam 7,16).

Ein übernatürliches Material

Angesichts der vielfältigen und immer wiederkehrenden Aufgaben und Glaubensprüfungen könnten wir resignieren. Aber Paulus verrät uns in 2.Kor 4,16 das Geheimnis einer übernatürlichen Betriebsfestigkeit: „Deshalb ermatten wir nicht, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch unser innerer Tag für Tag erneuert.“ Während normales Material unweigerlich altert und Ermüdungserscheinungen zeigt, wirkt Gott in uns einen beständigen Erneuerungsprozess durch die lebendige Beziehung zu ihm und lässt uns geistliche Betriebsfestigkeit erfahren.

William Kaal
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